
© Reuters/Umit Bektas
„Landesverräter“, „Terrorist“ und schlimmer: Deniz Undav wird bei Stuttgart-Gastspiel in Istanbul übel beschimpft
Stuttgarts Deniz Undav wird im Europa-League-Spiel bei Fenerbahçe rassistisch angefeindet. Schon seit Monaten ist der deutsche Fußball-Nationalspieler in sozialen Medien Zielscheibe von Angriffen.
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Vielleicht ahnte Deniz Undav schon, was ihn in Istanbul erwarten würde. Und leider sollte sich diese Befürchtungen bewahrheiten. Das Europa-League-Spiel zwischen Fenerbahce und dem VfB Stuttgart (1:0) wurde für den Stuttgarter Stürmer zu einem regelrechten Spießrutenlauf.
Nach Angaben mehrerer Beobachter und in zahlreichen Social-Media-Beiträgen war Undav während der Partie rassistischen Beschimpfungen und Anfeindungen ausgesetzt, von Teilen des Publikums und offenbar auch von einzelnen Fenerbahçe-Spielern. Auf Videos sind Sprechchöre aus dem Publikum zu hören, in denen Fans auf obszöne Weise seine Mutter beleidigen.
Zuvor hatte es eine kurze Auseinandersetzung zwischen Undav und dem Fenerbahçe-Spieler Ismail Yüksek gegeben. Was im Stadion geschah, ist dabei nichts Neues für Undav. Schon seit Monaten ist der deutsche Fußball-Nationalspieler mit kurdisch-jesidischen Wurzeln Zielscheibe rassistischer Angriffe, vor allem in den sozialen Medien. Auslöser dafür waren seine öffentlichen Aussagen über seine kurdische Identität. Undav hatte sich im vergangenen Jahr dagegen verwahrt, als „türkischer Spieler“ bezeichnet zu werden, und erklärt, er sei Kurde.
Auch seine Entscheidung, für Deutschland und nicht für die Türkei zu spielen, löste heftige Reaktionen aus. „Ich wusste, dass ich bei zwei, drei schlechten Spielen für die Türkei komplett durchbeleidigt worden wäre“, sagte er damals.
Ein neuer Höhepunkt der Anfeindungen
Er sollte recht behalten. Unter Beiträgen über ihn finden sich Kommentare, in denen er als „Landesverräter“, „Terrorist“ oder „nationsloser Hund“ beschimpft wird. Zwischen Nationalflaggen taucht immer wieder das Wolfs-Emoji auf, ein Symbol der rechtsextremen Grauen Wölfe, das immer wieder innerhalb der türkischen Community verharmlost wird.
Mit den Vorfällen vom Donnerstagabend hat diese Welle der Anfeindungen einen neuen Höhepunkt erreicht.
Sportinstitutionen, von Vereinen bis zu Verbänden müssen sich unmissverständlich und öffentlich gegen jeden Rassismus positionieren.
Informationsstelle Antikurdischer Rassismus
Für viele Kurdinnen und Kurden in der Türkei gehört Diskriminierung ohnehin zum Alltag und die Fußballstadien bilden da keine Ausnahme. Vor allem Klubs aus den kurdisch geprägten Regionen, allen voran Amed SK aus Diyarbakır, werden immer wieder zur Zielscheibe nationalistischer und rassistischer Schmähungen.
Die Informationsstelle Antikurdischer Rassismus, die in diesem Jahr erstmals einen Jahresbericht zu antikurdischem Rassismus im Deutschen Bundestag vorgestellt hat, fordert in einem gemeinsamen Statement mit dem Zentralen Menschenrechtsrat der Kurdinnen und Kurden auf Instagram, dass sich alle Sportinstitutionen, von Vereinen bis zu Verbänden, „unmissverständlich und öffentlich gegen jeden Rassismus positionieren müssen“.
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